Zum 100.Geburtstag von Arthur Furer am 28.März 2024
Sein Trio „Reminiszenzen“ für Flöte, Cello und Klavier mit den Sätzen Chinoiserie, Nostalgie, Plaisanterie, humorvolle Episoden bei den Aufführungen in China durch das TRIO ELVETICO, Uraufführung in Canton
Nach drei erfolgreichen USA – Konzertreisen wurde das TRIO ELVETICO vom chinesischen Kulturministerium zu einer Tournee nach China eingeladen. Durch die Stiftung Pro Helvetia unterstützt waren wir verpflichtet, bei jedem Konzert ein Werk eines Schweizer-Komponisten auf zuführen, was Arthur Furer anregte, für uns ein Trio zu schreiben. Er befasste sich im Vorfeld sehr intensiv mit chinesischer Kunst- und Volksmusik, die er besonders in der „Chinoiserie“ gekonnt verarbeitete.
Auf der ganzen Reise waren wir ständig von einer chinesischen Delegation mit Kleinbus begleitet und erlebten eine grossartige Gastfreundschaft, aber durften uns nicht frei bewegen. Die Konzerte fanden in grossen Sälen und Opernhäusern statt, sie waren immer gut besucht. Kaum dort angekommen sass da schon eine hübsche junge Chinesin am Schminktisch. Vor dem Konzert trat sie dann hochgestylt als Ansagerin auf die Bühne und verkündete den Ablauf. Wir verstanden nichts, aber warteten immer nur auf zwei Worte: Da in der chinesischen Sprache der Buchstabe R nicht ausgesprochen wird, hiess unser Komponist Arthur Furer plötzlich „ALTUL FULEL“, was bei uns grösste Heiterkeit auslöste! Die Ansagerin kam dann strahlend hinter die Bühne zurück und wupp, landete eine wüste Spucke im bereitgestellten Spucknapf, damals noch üblich in China….
Der Pianist hatte es punkto Instrument nicht leicht, er musste mit dem Vorlieb nehmen, was dastand. Die chinesischen Flügel waren oft mit ihrer harten Mechanik schwer zu spielen. Im Furer- Trio gab es Glissandi, die normalerweise mit der Hand oder den Fingern zu spielen sind. Was aber, wenn die Tastatur keinen Wank macht?? Unser Pianist entwickelte eine Taktik, sich vor der Glissando- Stelle in gehobene Position zu begeben, um dann mit dem Ellbogen und voller Wucht die Tastatur auf und ab zu bewegen. Das löste bei uns Mitspielern immer einen Lachanfall aus, der nicht förderlich war für folgende präzise Einsätze, besonders bei der Flöte!
Ein anderes Mal war die Klavierbank viel zu hoch und liess sich nicht einrichten, alle anderen Stühle passten auch nicht. Grosses Palaver unserer Crew im Raum, abmessen, abwägen! Schliesslich lautes Sägegeräusch hinter der Bühne, was war denn jetzt los? Kurz darauf stand die Klavierbank wieder an ihrem Platz, notabene mit abgesägten Beinen, aber perfekt in der Höhe…
Das Publikum in Peking war sehr diszipliniert, weniger dann in den südlichen Städten Nanning und Guilin. Oft rückten die Chinesen mit dem ganzen Familientross an und verzehrten zum Musikhören genüsslich ihr Abendbrot.
Ein besonders schönes Erlebnis war es dann, wenn bei der „Chinoiserie“ der ganze Saal plötzlich zu summen begann: Die Zuhörer erkannten die von „Altul Fulel“ verarbeiteten Volkslieder und summten einfach mit. Eine schönere Verbindung mit dem chinesischen Publikum durch Furers Musik hätte es nicht geben können!
Die Tournee war ein grosser Erfolg, das doch anspruchsvolle Programm kam gut an, das Publikum zeigte sich sehr interessiert an unserer Musik, was sich auch in den Konservatorien bei den Studenten zeigte, die wir besuchen durften.
Vom Trio „Reminiszenzen“ wurde eine Kopie verlangt und es wird in der Nationalbibliothek von Peking aufbewahrt.
Marianne Keller, Flötistin, ehemals Schülerin von A. Furer, Seminar Marzili
Musik bei Arthur Furer war etwas ganz Besonderes. Es ist eine Tatsache, dass sich die an Musik nicht ganz so Interessierten oder die etwas weniger Begabten von ihm oft nicht geschätzt fühlten, ich halte das aber für ein grosses Missverständnis: Furer war wirklich extrem fordernd und streng, aber er hatte die „weniger Guten“ nicht weniger gern, sondern wollte sie genauso fördern und verlangte ihnen deshalb gleichviel oder sogar noch mehr ab.
Beispielsweise mussten wir vor der Uraufführung der „Blumenlieder“ unsere Stimme je einzeln auswendig vorsingen können. Diese verlangte Verinnerlichung mag übertrieben sein, aber ich erinnere mich, dass dass ich nach dem Konzert eine grosse Leere verspürte und weinen musste – ich konnte einfach nicht fassen, dass es jetzt vorbei sein sollte.
Furer war nicht nur als Chorleiter unerbittlich, sondern auch in der Vermittlung des musikgeschichtlichen und theoretischen Stoffes. Das hatte auch Vorteile: so musste ich aufs Musikpatent eigentlich überhaupt nicht lernen, sondern konnte einfach aus dem vollen Wissen schöpfen, welches uns vermittelt worden war. Das zeugt von einem ausserordentlichen Lehrer.
(Name der Redaktion bekannt)
kirchentonarten auswendig lernen: ja! Aber das handwerk für den praktischen musikunterricht wurde uns verwehrt. Musikpädagogik hatten wir so gut wie keine, wir probten ja dauernd für die konzerte in der öffentlichkeit.
wenn wir uns nach praktika mit konkreten fragen an ihn wendeten, hiess es: «das traue ich ihnen selber zu, herauszufinden wie das geht, sie müssen nur wollen!» Wir waren dankbar, dass wir die vier jahre musikunterricht im seminar marzili einigermassen überstanden hatten. Aus der für mich mangelhaften praxisausbildung heraus machte ich direkt nach seminaraustritt die ausbildung zur musikalischen grundschullehrerin … da erhielt ich dann die vorenthaltene adäquate ausbildung um guten musikunterricht geben zu können.
franziska bütikofer-frei
Furer war unser Musiklehrer im Seminar Bern! Er war sehr streng mit uns, wollte das Beste aus unseren Stimmen holen. Erinnere mich an Konzerte in der Französischen Kirche! Er war zufrieden mit uns. Auch eine seiner Kompositionen, die uns Sängerinnen forderten, durften wir in dieser Kirche vortragen.
(Name der Redaktion bekannt)
Meine Tochter war Schülerin von Arthur Furer im Fach Musik und als Geigerin im Orchester. An der Patentprüfung durfte ich sie begleiten. Es ging gut! Und der strenge Musiklehrer freute sich über unser Zusammenspiel, lobte uns. Wie war ich froh und dankbar. Musik lernen, üben und ausdrücken. Das gab er seinen Schülerinnen mit. Dazu Freude und inniges Empfinden.
(Name der Redaktion bekannt)
Worte zu Arthur Furer
Wir hatten Angst vor ihm – wenn er lautlos und bleich unter der Türe des Singsaals auftauchte und bevor die Türe ins Schloss knallte, auf dem Flügel einen Akkord klingen liess und fragte: „Was ist das?“
Er war streng aber es hat sich gelohnt, wir durften unter seinem Dirigat seine Blumenlieder, Hugo Distel und Schumann im Casinosaal singen-es war fantastisch.
Unsere Klasse hatte er gerne. Wir waren mit ihm in einer Studienwoche im Schloss Münchenwiler. Dort hat er uns erzählt, dass er immer sehr starke Migräne habe und nachts kalt duschen musste zur Linderung. Wir haben ihm alles verziehen.
Als ich einmal „Polygamie“ anstatt „Polyphonie“ sagte, hat er so unvergesslich herzlich gelacht-so bleibt er mir in Erinnerung!
Christine Lauterburg